Die schönsten Märchen von Andersen
H.C. Andersen - Die schönsten Märchen
2Des Kaisers neue Kleider
Vor vielen Jahren lebte ein Kaiser, der so ungeheuer viel auf neue Kleider hielt, daß er all sein Geld dafür ausgab, um recht geputzt zu sein. Er kümmerte sich nicht um seine Soldaten, kümmerte sich nicht um Theater und liebte es nicht, in den Wald zu fahren, außer um seine neuen Kleider zu zeigen. Er hatte einen Rock für jede Stunde des Tages, und ebenso wie man von einem König sagte, er ist im Rat, so sagte man hier immer: Der Kaiser ist in der Garderobe! In der großen Stadt, in der er wohnte, ging es sehr munter her. An jedem Tag kamen viele Fremde an, und eines Tages kamen auch zwei BetrügLies das Märchen →
7Die Schneekönigin
IN SIEBEN GESCHICHTEN Erste Geschichte, welche von dem Spiegel und den Scherben handelt. Seht, nun fangen wir an. Wenn wir am Ende der Geschichte sind, wissen wir mehr als jetzt, denn es war ein böser Kobold! Es war einer der allerärgsten, es war der Teufel! Eines Tages war er recht bei Laune, denn er hatte einen Spiegel gemacht, welcher die Eigenschaft besaß, daß alles Gute und Schöne, was sich darin spiegelte, fast zu Nichts zusammenschwand, aber das, was nichts taugte und sich schlecht ausnahm, hervortrat und noch ärger wurde. Die herrlichsten Landschaften sahen wie gekochter Spinat darin aLies das Märchen → 11Der kleine Klaus und der große Klaus
In einem Dorfe wohnten zwei Leute, die beide denselben Namen hatten. Beide hießen Klaus, aber der eine besaß vier Pferde und der andere nur ein einziges. Um sie nun voneinander unterscheiden zu können, nannte man den, der vier Pferde besaß, den großen Klaus, und den, der nur ein einziges hatte, den kleinen Klaus. Nun wollen wir hören, wie es den beiden erging, denn es ist eine wahre Geschichte. Die ganze Woche hindurch mußte der kleine Klaus für den großen Klaus pflügen und ihm sein einziges Pferd leihen, dann half der große Klaus ihm wieder mit allen seinen vieren, aber nur einmal wöchentlichLies das Märchen → 14Die Teekanne
Es war einmal eine stolze Teekanne, stolz auf ihr Porzellan, stolz auf ihre lange Tülle, stolz auf ihren breiten Henkel; sie hatte etwas vorne an und hinten an, den Henkel hinten, die Tülle vorn, und davon sprach sie; aber sie sprach nicht von ihrem Deckel, der war zerbrochen, der war gekittet, der hatte einen Fehler, und von seinen Fehlern spricht man nicht gerne, das tun die andern genug. Tassen, Sahnekännchen und Zuckerdose, das ganze Teegeschirr würden wohl mehr an die Gebrechlichkeit des Deckels denken und von der sprechen als von dem guten Henkel und der ausgezeichneten Tülle, das wußteLies das Märchen → 15Die kleine Seejungfer
Weit draußen im Meere ist das Wasser so blau wie die Blütenblätter der schönsten Kornblume, und so klar wie das reinste Glas, aber es ist dort sehr tief, tiefer als irgendein Ankertau reicht, viele Kirchtürme müßten aufeinandergestellt werden, um vom Grunde bis über das Wasser zu reicher. Dort unten wohnt das Meervolk. Nun muß man nicht etwa glauben, daß dort nur der nackte, weiße Sandboden sei! Nein, da wachsen die wundersamsten Bäume und Pflanzen, deren Stiele und Blätter so geschmeidig sind, daß sie sich bei der geringsten Bewegung des Wassers rühren, als ob sie lebend wären. Alle Fische, kLies das Märchen → 18Das Mädchen, das auf das Brot trat
Die Geschichte von dem Mädchen, das auf das Brot trat, um sich die Schuhe nicht zu beschmutzen, und dem es dann gar schlecht erging, ist wohlbekannt, sie ist geschrieben und sogar gedruckt. Inge hieß das Mädchen; sie war ein armes Kind, stolz und hochmütig; es war ein schlechter Kern in ihr, wie man sagt. Schon als ganz kleines Kind hatte sie ihre Freude daran, Fliegen zu fangen diesen die Flügel auszurupfen und sie so in Kriechtiere zu verwandeln. Später nahm sie den Maikäfer und den Mistkäfer, steckte jeden an eine Nadel, schob dann ein grünes Blatt oder ein kleines Stück Papier zu ihren FüßLies das Märchen → 19Das Gänseblumchen
Nun höre einmal!– Draußen auf dem Lande, dicht am Wege, lag ein Landhaus; du hast es gewiß selbst schon einmal gesehen! Davor liegt ein kleines Gärtchen mit Blumen und einem Zaun, der gestrichen ist. Dicht dabei am Graben, mitten in dem herrlichen grünen Grase, wuchs ein kleines Gänseblümchen. Die Sonne schien ebenso warm und schön darauf herab, wie auf die großen, reichen Prachtblumen im Garten, und deshalb wuchs es von Stunde zu Stunde. Eines Morgens stand es entfaltet da mit seinen kleinen, weißen Blättern, die wie Strahlen rings um die kleine gelbe Sonne in der Mitte sitzen. Es dachte garLies das Märchen → 20Die Galoschen des Glücks
1. Ein Anfang. Es war einmal in Kopenhagen in einem der Häuser in der Nähe vom Königsneumarkt eine große Gesellschaft eingeladen, denn das muß zwischendurch auch einmal sein, dann ist es abgemacht, und man kann auch wieder eingeladen werden. Die eine Hälfte der Gesellschaft saß schon an den Spieltischen, und die andere Hälfte wartete ab, was sich entwickeln würde, denn die Hausfrau hatte gesagt: Nun, was tun wir jetzt! Soweit war man nun, und die Unterhaltung ging ziemlich lebhaft. Unter anderem kam auch die Rede auf das Mittelalter. Einzelne sahen es für weit schöner an als die Jetztzeit, ja,Lies das Märchen → 25Feder und Tintenfaß
In der Stube eines Dichters, wo sein Tintenfaß auf dem Tisch stand, wurde gesagt: Es ist merkwürdig, was doch alles aus dem Tintenfaß herauskommen kann! Was wohl nun das Nächste sein wird? Ja, es ist merkwürdig! Ja, freilich! sagte das Tintenfaß. Es ist merkwürdig, was alles aus mir herauskommen kann! Ja, es ist schier unglaublich! Und ich weiß wirklich selber nicht, was das Nächste sein wird, wenn der Mensch erst beginnt, aus mir zu schöpfen. Ein Tropfen aus mir genügt für eine halbe Seite Papier, und was kann nicht alles auf der stehen! Ich bin etwas ganz Merkwürdiges! Von mir gehen alle WerLies das Märchen →